Von Joachim Orbach

Das Oberbergische Land ist eine wald- und wasserreiche Mittelgebirgslandschaft und ist geprägt von kleinteiliger Landwirtschaft zwischen Rhein- und Sauerland, im Osten des Naturparks Bergisches Land (NRW) gelegen. Hier fand auch das Rebhuhn einst beste Lebensbedingungen vor, die sich aber im Laufe der Jahre leider geändert haben.

Für das Jagdjahr 1959/60 wurden in der Streckenliste (im alten Kreisgebiet vor 1975) noch u. a. 684 Rebhühner und 3.763 Hasen gemeldet. Es war eine Zeit, in der die landwirtschaftlichen Flächen noch mit kleinparzelligen Getreide-, Kartoffel- und Futterrübenfeldern sowie Heu- und Streuobstwiesen geprägt waren. Die Milchkühe mit Hörnern auf dem Kopf liefen auf den Weiden herum und hinterließen ihre Kuhfladen als Dünger und Insektennahrung. Im Wald kamen oftmals noch Rückepferde zum Einsatz, und die Jägerschaft widmete sich u. a. noch intensiv der Bejagung von Prädatoren.

Nach 65 Jahren gibt es keine Rebhühner im Oberbergischen Land mehr, und der Hasenbesatz ist auch ganz erheblich geschrumpft.

Anlässlich einer Feier zum 10-jährigen Jubiläum der KJS Oberberg e. V. und zum 25-jährigen Jubiläum des JGV „Oberbergischer Jäger“ e. V. wurde 1960 ein Almanach herausgegeben, in dem der nachfolgende Bericht von Otto Viebahn aus Frömmersbach veröffentlicht wurde.


Das Rebhuhn hat viel Familiensinn

Wichtige Grundsätze für Hege und Pflege

Unser verehrter Wildmeister Hans Behnke hat in seinem Lehrbuch alles mitgeteilt. Ich verweise weiter auf die trefflichen Ausführungen von Dr. Hetschold in der Deutschen Jägerzeitung Sep./Okt. 1956 und auf die englischen Forschungen in Bogate Manor (Heft Unsere Freunde, die Rebhühner). Vor allem möchte ich die Arbeit der DJV-Forschungsstelle bei Bonn unter Dr. Harry Frank herausstellen, der in der praktischen Aufzucht Vorbildliches leistet. Nebenbei sei vermerkt, dass auch die Franzosen im Lande der Schlösser, in der Sologne zwischen Orléans und Blois, einem Gebiet mit vielen künstlichen Seen, die Aufzucht von Fasanen, Rebhühnern und Enten vortrefflich beherrschen. Hier konnte ich viele Erfahrungen sammeln.


Unser häufigstes Wild

Das Rebhuhn ist eine der häufigsten Wildarten unserer oberbergischen Heimat. Es lebt paarweise, hält fest zusammen, hat einen ausgesprochenen Familiensinn und verkümmert, wenn es allein ist. Sicherlich behauptet das Paar auch seinen besonderen Lebensraum und duldet darin keine Artgenossen. Werden jedoch deren Kinder elternlos, nimmt es sich dieser rührenderweise sofort an. Im Gegensatz zu den Fasanen werden also bei den Rebhühnern keine Waisen abgebissen. Dieses Verhalten erleichtert dem Jäger die Hege sehr, wenn er geschickt darauf eingeht.

Wenn im März der Balzruf der Hähne ertönt, so hat der Jäger die Pflicht, den Aufenthalt des Pärchens auszumachen. Die Standorttreue umfasst einen ganz eng umgrenzten Bezirk. Sehr wesentlich ist nun die Form der Bewirtschaftung und die Art der Frühjahrsbestellung – ob Hackfrucht, Körnerfrucht usw.

Die Hauptursache für den Rückgang des Hühnerbesatzes im Oberbergischen sind die Aufgabe der Dreifelderwirtschaft, das Fehlen der Brache mit ihrer Äsung und ihren Deckungsmöglichkeiten sowie die Methoden moderner Unkrautbekämpfung. Auch die Drillmaschine trägt viel Schuld, denn in den von ihr in Abständen gezogenen geraden Reihen fehlt nach der Eiablage die Deckung nach mehr als zwei Seiten. Bei der Handsaat (siehe auch Dr. Hetschold!) wuchsen immer kleine dichte Büsche, die das Huhn als sicher benutzte.

Man sollte darum die Führer von Drillmaschinen veranlassen, an den äußeren Rändern der Parzellen ein wenig Getreide mit der Hand auszuwerfen. Das ergibt gute „Halmenhorste“, die übrigens der Heger auch selbst anlegen kann. Denn wir wissen zudem, dass die Henne ihr Nest gern an die Ränder der Schläge baut, um nicht zu weit vom Hahn entfernt zu sein, der außerhalb des Schlages Wache hält.

Es gilt ferner, die brütende Henne von den Grünflächen wegzuhalten und sie in das Getreidefeld zu bringen. In meiner Jugend wurde bei der Heuwerbung mehr Wert auf Quantität als auf Qualität gelegt. Man mähte also zuerst die Wiese und danach die Kleefelder. Heute geht es um den Eiweißgehalt, und so wird mindestens vier Wochen früher gemäht – das ist aber gerade in der Zeit der Eiablage und der Brut. Darin liegt die große Gefahr.

Auch war die Handsense weniger zerstörerisch als die Mähmaschine, da der Handmäher sich dem Gelege langsam und ohne Lärm näherte, die aufstehende Henne sah und wohl meist schonte. Heute rattert der Trecker mit der Maschine schnell heran, das Huhn glaubt nicht mehr, sich retten zu können, drückt sich aufs Gelege – und wird samt diesem zerfetzt…


Ein unversehrtes Gelege

Ist aber ein Gelege ganz oder teilweise unversehrt geblieben, so beachte man folgende Ratschläge, die auch Dr. Frank in den Merkblättern des Niederwild-Ausschusses aufgezeichnet hat:

  1. Eines der Eier zertrümmern. Wenn die Küken kurz vor dem Schlüpfen sind und das Huhn unverletzt blieb, es noch für die restlichen paar Tage auf dem Nest zu halten versuchen, und zwar durch Anlage geringer Deckung, Verwittern (alte verschwitzte Socken) rund ums Nest.

  2. Stoßen der Eier ist schlimmer als Erkalten. Im Transportmittel (Rucksack, Korb) die Eier flach, nicht aufrecht, in eine Art Grasnest lauwarm (nicht warm!) legen. 24 Stunden ohne Wärme schaden einem angebrüteten Ei nicht. Frisches Gras lüftet, feuchtet und verhindert Überhitzung.

  3. Eine leichte Klucke, möglichst ein Zwerghuhn, aufsetzen. Neuerdings wird auch bei der Forschungsstelle in Bonn eine künstliche Klucke (Schaumgummi) mit Erfolg verwandt.

  4. Nach dem Schlüpfen in den ersten 24 Stunden kein Futter geben. Am 2. Tag frische, zarte Schafgarbe und fein gewiegtes gekochtes Eigelb füttern, am 3. Tag Schafgarbe und gekochtes Eiweiß und -gelb, am 4. Tag das Gleiche zuzüglich Fasanenaufzuchtfutter, dazu 1 bis 2 Mehlwürmer pro Küken, am 5. Tag wie vorher und Ameiseneier, am 6. Tag bis zur 3. Lebenswoche Fasanenaufzuchtfutter und Kükengrütze. Die Aufzuchtbox muss täglich auf frisches Grün weitergerückt werden. Eine Huderschale mit Sand und Holzkohle muss bereitstehen, da die Küken ohne sie sterben.

Nach der dritten Woche sind die Küken starengroß und voll flugfähig. Man bringt sie ohne die führende Klucke in der frühen Abenddämmerung ins Revier, und zwar dorthin, wo Hühner sind. Den Korb mit einer geöffneten Seite ins Kartoffelkraut stellen, weggehen und den Korb erst am nächsten Tag abholen. Die Althühner hören am Locken der Küken, dass sie elternlos sind, und nehmen sich meist schon nach wenigen Minuten ihrer an.

Die Dreiwochenküken sind aber auch so selbständig, dass sie ein paar Tage, bis sie Anschluss gefunden haben, gut überstehen. In einem Revier ohne Rebhühner sollte man allerdings bis zur 7. Woche mit dem Aussetzen warten.

Alles Vorstehende ist erprobt. Darum bitte keine Experimente – vor allem nicht bei der Fütterung.